Informelle Stadtproduktion Wien

Projektass. Mag.arch. Andre Krammer
Informelle Stadtproduktion in Wien als Herausforderung für die Stadtplanung 1918-1962

Betreuung durch Univ. Prof. Dipl. Ing. Ute Schneider


Eine große Zahl von Wiener*innen sah sich in der Zwischenkriegszeit, als auch in der unmittelbaren Nachkriegszeit nach 1945, durch akute Wohnungs- und Lebensmittelknappheit, zu einer informellen Siedlungstätigkeit gezwungen. Die Notlage, die eine in vielfacher Hinsicht informelle bzw. illegale Stadtproduktion von unten auslöste, war in den Folgejahren nach 1918 und nach 1945 den Verheerungen beider Weltkriege geschuldet. Aber auch die soziale Notlage, die durch die Weltwirtschaftskrise von 1929 ausgelöst wurde, setzte in Wien einen neuerlichen Schub informeller Landnahme und Siedlungstätigkeit in Gang.

Das Phänomen der „wilden“ Siedlungen, die in den Nachkriegsjahren nach 1918 bald einen Großteil der Lebensrealität der Randzone der Stadt prägen sollte, war für eine konzertierte Stadtplanung eine enorme Herausforderung. Bis in die Gegenwart stellt das Erbe dieser informellen Siedlungsstrukturen – die heute baurechtlich als auch infrastrukturell weitgehend saniert sind – einen maßgebliche, die Spielräume der zukünftigen Stadterweiterung mitbeeinflussende Entwicklungsschicht dar.

Im Fokus des Dissertationsvorhabens stehen die Kontinuitäten und Brüche in der Auseinandersetzung mit den „wilden“ Siedlungen im Rahmen der Stadtplanung und in der öffentlichen Wahrnehmung im Zeitraum zwischen 1918 und 1962. Dabei werden auch parallele Entwicklungsstränge wie die (weitgehend formalisierte) Siedlerbewegung der frühen 20er Jahre, das Programm des Roten Wiens (1919-1934), aber auch jene des „schwarzen“ (1934-38), respektive des „braunen“ Wiens (1938-45) als Bezugsgrößen in den Blick genommen. 1962 markiert mit dem Ende der Ära Roland Rainers als Wiener Stadtplaner eine personelle als auch inhaltliche Zäsur in der Wiener Planungsgeschichte.

Das vorliegende Dissertationsvorhaben verfolgt die Zielsetzung, die Manifestationen der „wilden“ Siedlungen nicht nur im konkreten Territorium der Stadt, sondern insbesondere auch deren Rolle im Planungsdiskurs nachzuzeichnen. So soll zur Erforschung der Genese und Rezeption einer bisher noch unzureichend beleuchteten Entwicklungsschicht der Wiener Stadtstruktur beigetragen werden.

#Stadtproduktion Bottom-Up #Informalität #Baurechtliche Sanierung #Infrastrukturelle Aufrüstung #Suburbanisierung

Überblickskarte
Österreichisches Institut für Raumplanung (ÖIR) 1949
Studie: Vom Grabeland zur wilden Siedlung
Archiv der MA18 Wien

Die wilde Siedlung als soziales Problem
Österreichisches Institut für Raumplanung (ÖIR) 1949
Studie: Vom Grabeland zur wilden Siedlung
Archiv der MA18 Wien